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Wie kann ich die Elternzeit sinnvoll nutzen? Über Playdates, Krabbelgruppen und die manchmal unerklärliche Eintönigkeit des Seins

Fragt lieber nicht mich. Neue oder gar interessante Denkanstöße hierzu fehlen mir nämlich komplett.
Ich hole ein bisschen aus: Ich habe zunächst ein Jahr Elternzeit während des Referendariats beantragt. Ich dachte, mit 15 Monaten sei meine Tochter dann alt genug, in eine kirchliche Krippe zu gehen. Die Krippe war gewählt und der Vertrag war unterschrieben, als es mir dämmerte, dass sie zu klein war. Viel zu jung. Ich wollte weder die ersten Schritte verpassen (die mit 15 Monaten gegangen wurden) noch die ersten Worte (mehr als Mama Papa und Bagger war nicht wirklich zu vernehmen), ergo habe ich meine Elternzeit verlängert.
Mutig, da 67% einer Referendarsbesoldung nicht gerade viel Geld sind, aber ich hatte einfach das starke Gefühl, es sei definitiv nicht das Richtige, L. nun in Fremdbetreuung zu geben. Mein Bauchgefühl war stark und ich stehe nach wie vor hinter meiner Entscheidung.
Insgesamt 28 Monate dauert meine Elternzeit, bevor ich nun im September 17 wieder zu arbeiten beginne. Was tut man mit soviel Freizeit? Nada! Es ist keine Freizeit! Fortbildung? Nebenher Spanisch lernen und einen Kochkurs machen oder noch 'nen Betriebswirt dranhängen? Pfft! Elternzeit ist keine Freizeit! Ein Baby hat viele Bedürfnisse, auch wenn sie hauptsächlich Nähe, Nahrung und Nachtschlaf ausmachen, daher kann man in der Elternzeit nicht viel Neues anfangen. Man ist ständig belagert und/oder so müde, dass man sich ausruhen muss, um nicht wie ein hirnloser MOMbie durch die Gegend zu steuern. Das ändert sich auch nicht nach dem ersten Geburtstag, wenn das Baby nunmehr ein Kleinkind ist. Schlafmangel und Hormonumstellung sorgen auch nicht unbedingt für die allerbeste Laune, was mich zu Punkt 2 bringt:
Babygruppen. THE HORROR! Ich glaube, ich bin einfach nicht für sowas gemacht. Vielleicht ist keine Mutter wirklich für sowas gemacht.Ob Pekip oder Babyschwimmen, Krabbelgruppe oder Musikgarten. Wir haben alles durch. Zumindest mal eine Schnupperstunde besucht. Ich mag dieses Wort nicht. Genausowenig wie die Aktionen, die dort dann vonstatten gehen. Einen derartigen Geistesblitz hatte ich, als ich mich beim Babyschwimmen in einem Kreis von Müttern (um fair zu bleiben und einem Vater, armer Kerl!) wiederfand, die in seichtem, 30 Grad warmem Wasser herumhüpften während sie "Mein Auto macht tut tut" sangen. WTF! Also wirklich, What the actual F*ck! Wo bin ich gelandet? Was ist aus mir geworden dachte ich, und aus diesen Leuten, die im wirklichen Leben (außerhalb der Elternzeit) sicherlich alles kompetente, professionelle und intelligente Leute sind! Diese Gruppe besuchte ich nie wieder. Der Musikgarten war ähnlich: Im Kreis sitzende Mütter, die Seidentücher in die Luft warfen, Klanghölzer schlugen und Lieder von ominösen Kolibären (Kolabären, Kolobären, Koalabären, man weiß es nicht) sangen. Nicht mein Ding! Das Kinderturnen mit dann schon einjähriger Tochter entpuppte sich als Kaffeeklatsch von Vereinsmüttern (ja, man muss fast immer irgendeinem Verein beitreten, um an irgendwelchen Baby-actions teilnehmen zu können), währenddessen die Kinder sich unkontrolliert die Köpfe einschlugen(-rutschten-kickten). Nicht so fett.
Ok, also hatte ich bemerkt, Gruppen sind nicht so mein Ding. Was dann? Spielplätze vielleicht? Eher weniger. Anscheinend gibt es einen ungeschriebenen Spielplatz-Knigge, nach dem erwartet wird, dass die Moms alle helikoptern. Es ist scheinbar erwünscht, wie ein Hubschrauber über seinem Kind zu schweben und alles zu überwachen. Every step you take every move you make I'll be watching you. Ermüdend! Und so überflüssig! Als könnten die lieben Kleinen das nicht selbst regeln, wer wann wo wie spielt, schaukelt oder rutscht. Selbiges gilt auch für Cafés mit Spielecken, auch hier müssen die Mütter ihrer Sprösslinge mit Argusaugen beobachten. Wehe dem, der den guten Soja-Latte verschüttet!
Also Cafébesuch? Ein Ding der Vergangenheit! Essen gehen? Undenkbar! Eher hastig Speisen hinunterwürgen bis sich die ca 15-minütige Aufmerksamkeitsspanne des Kleinkindes erschöpft hat und es auf zu neuen Taten will. Shopping, Museum oder Ikea? Eher das Kind durch ein Wirrwar von Gängen/Kleiderständern jagen und hoffen, dass es nicht verloren geht. Zu derlei Aktivitäten aber ein andermal mehr.
Was macht die Mama also während der Elternzeit? Zunächst einmal den Spießrutenlauf der oben genannten Gruppen für Babyaktivitäten abarbeiten. Dann realisieren, dass all diese not quite my cup of tea sind, schließlich versuchen, das Leben wie vor dem Kind weiter zu leben und ebenfalls o.g Aktivitäten wie Kaffee trinken mit kinderlosen Freunden (kinderlose Freunde? Welche kinderlosen Freunde? Zu deren Absenz später mehr) zu unternehmen. Scheitern. Resignieren. Sich mit den wenigen Müttern treffen, mit denen man meint, etwas gemeinsam zu haben AUSSER einem Kind im gleichen Alter. Denn derlei Mütter findet man viele. Doch wenn die einzige Gemeinsamkeit zwischen zwei Frauen ist: "Hey, du hast auch ein Kind? Lass uns Freunde sein!", könnte man genausogut sagen: "Hey, du hast auch Haare! Krass! Lass uns Freunde sein!"
Ansonsten kann man einfach sein eigenes Ding machen. Ich backe gerne (mütterlich-spießig, ich weiß), also backen wir viel. Ich mag die Natur, also gehen wir viel raus (nicht nur auf Spielplätze, da s.o.). Ich male ab und an, also ab nun Kleckern zu zweit. Kinder mögen das, was man selbst als Elter mag (Einzahl! Mutter hier als Hauptbezugsperson). So why not do it together! Das, was einem Freude bereitet, kann man problemlos auch mit Kind machen. Außer natürlich harte Feierei. Oder Komasaufen. Oder Trinken im Allgemeinen. Oder Dinge, die zwei Erwachsene Menschen für gewöhnlich zu zweit tun. Im Bett. Aber ich verliere den Faden. Zum Thema Familienbett auch später mehr.
Mein Schlüssel zu einer glücklichen Elternzeit ist also letzten Endes das zu tun, was einem Spaß macht. Mit Kind. So kann die intellektuelle Unterforderung zwar nicht kompensiert werden, aber immerhin bleiben andere Facetten der Persönlichkeit schillernd-intakt.
Des Weiteren: Verbündete finden, also Leute mit ähnlicher Geisteshaltung (schwer genug - ich weiß).
Drittens: Genießen. So platt und ausgelutscht es klingt: diese Zeit kommt nie wieder! Und man wird sich im Nachhinein denken, wie man ja stets die Vergangenheit euphemistisch verklärt, dass es die schönste Zeit war, als xy noch klein war und man nicht arbeiten musste. An das erste Wort, die ersten Schritte, die ersten Sätze, die ersten Sprünge usw. usf. Hach ja...

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